Da letztens in einer Facebookgruppe mal die Frage nach der beidseitigen gleichzeitigen CI-Versorgung aufkam, wollte ich doch mal einen ausführlichen Erfahrungsbericht schreiben. Dann kann ich den dem nächsten Fragenden einfach verlinken und muss mich nicht mit dem unhandlichen Facebook rumschlagen.
(Hoppla, zu lang. Ich teile es auf 2 Teile auf. :D)
Teil1:
Vorgeschichte:
Die Vorgeschichte gibt es auch hier.
Kurz zusammengefasst: Jahrgang 85, die ersten Hörgeräte bekam ich mit 11 Monaten, meine Mutter meint zwar, dass ich als ganz kleines Baby gehört habe, aber man kann schon sagen, dass ich von Geburt an hochgradig bzw. an Taubheit grenzend schwerhörig bin. Ich habe immer auf beiden Seiten Hörgeräte getragen, damit Abitur gemacht (erst Regelschule, dann Schwerhörigenschule für 1 Jahr, die Oberstufe dann gemischt) und danach Tiermedizin studiert. Daran anschließend habe ich eine Doktorarbeit begonnen und auch insgesamt 1 Jahr in der Klinik gearbeitet. Danach wollte ich wieder eine Teilzeitstelle als Tierärztin suchen, allerdings waren fast immer Notdienste Voraussetzung. Mit den Hörgeräten konnte ich zwar mit Familie/Freunden telefonieren und auch Terminvereinbarungen z.B. waren kein Problem. Bei allem was darüber hinausgeht, war es aber immer sehr abhängig vom Sprecher - manche gehen einfach nicht gut. Diese Problematik hat u.a. dazu geführt, dass ich mich mit dem CI befasste, natürlich spielten auch noch andere Faktoren mit rein, aber ich wollte die Vorgeschichte ja kurz zusammenfassen.
Also bin ich bei diversen Infoveranstaltungen gewesen, habe mit anderen CI-Trägern gesprochen und war im August 2014 in Bad Nauheim beim sogenannten Entscheidungsfindungs-Seminar. Letztendlich war das Seminar ausschlaggebend dafür, dass ich mich fürs CI und zwar für beide gleichzeitig entschieden habe. Voruntersuchungstermin war dann im September und wir haben direkt den OP-Termin für Ende Oktober vereinbart. Ich habe mich dann für Cochlear entschieden.
Was ich noch relativ wichtig fand bei der Entscheidung: Möchte ich so weitermachen wie vorher mit Hörgeräten? Sprich, wie groß ist der Leidensdruck. Ich hatte ja bemerkt, dass ich da doch recht enge Grenzen habe. Und: Für den Fall, dass etwas schiefgeht, dass es nicht so klappt wie geplant, bin ich innerlich bereit, ggf. mein Leben völlig umzukrempeln, einen neuen Berufsweg einzuschlagen und anderes? Sicher ist die Wahrscheinlichkeit nicht so groß, dass etwas schiefgeht, aber trotzdem sollte man so etwas im Hinterkopf behalten.
OP und Wartezeit:
OP war am 29.10.14, am Vortag wurden noch MRT und CT vom Kopf gemacht. Für mich als Ärzte-Vermeider und absolutes Weichei, was Nadeln angeht, ist es definitiv ein Vorteil, den ganzen "Kram" nur einmal mitmachen zu müssen. Hat mich auch genug Überwindung gekostet, ob ich die ein zweites Mal aufbringen könnte, weiß ich nicht.
So ein wenig neugierig war ich ja schon, wie sich die Narkose wohl anfühlt. Von der Tablette vorher habe ich nichts gespürt, bei der Injektion auch nichts. Ich dachte noch "Es passiert ja gar nichts." und als Nächstes lag ich dann im Aufwachraum und es war geschafft. Nach der OP hatte ich zwar Probleme mit dem Schlafen, auf der Seite ging halt nicht, das tat echt weh. Aber mit Schlafmittel und Schmerzmittel-Kombi, war es dann erträglich. Insgesamt war ich knapp eine Woche in der Klinik. Mit Schwindel zum Glück keinerlei Probleme, es hat halt ein paar Tage gedauert bis ich wieder etwas fitter war. Mittwochs war die OP, danach Druckverband bis Sonntag morgen, dann gab es nur noch ein Pflaster. Diese Ohrenklappen hatte ich nicht.
Am Entlassungstag wurde nochmal ein Hörtest gemacht um zu sehen ob "was übriggeblieben" ist. Ist es nicht, da ich mein Restgehör aber auch so für nichts gebrauchen konnte, war das auch egal. Wurde aber vorher mit dem Arzt abgeklärt, auch als es darum ging, welches Implantat ich nehme.
Das Nicht-Haarewaschen war etwas nervig, nach 10 Tagen wurden die Fäden vom HNO-Arzt gezogen und danach musste ich nochmal 3 Tage warten, also fast 2 Wochen. Bin in der Zeit immer mit einem Kopftuch rumgelaufen.
Die Wartezeit waren nur 4 Wochen, eine Woche eh in der Klinik, anschließend bin ich für 2,5 Wochen bei meinen Eltern gewesen, dann war schon ein Vorgespräch bei der Logopädiepraxis und 2 Tage später die Erstanpassung. Die Zeit ist wirklich sehr, sehr schnell vergangen, aber ich hatte eben auch ein wunderbares Umfeld. Meine Eltern kann ich auch nur mit Lippenabsehen sehr gut verstehen. Mit meinem Mitbewohner geht das nicht, daher bin ich auch lieber nach Hause gefahren. Etwa 1,5 Wochen vor der Erstanpassung stellte sich ein etwas nerviger Tinnitus ein, alternierend auf beiden Seiten. Vorher hatte ich in meinem ganzen Leben noch nie Probleme mit Tinnitus.
Erstanpassung:
Gespannt wie ein Flitzebogen bin ich dann am 27.11.14 zur Erstanpassung angetreten. Als erstes alle 22 Elektroden durchtesten, dann Einstellung und Anschalten. Ah, die Welt der Töne hatte mich wieder (wenn auch völlig anders als vorher, klar)! Ich musste etwas lachen, denn als die Akustikerin mit mir sprach, konnte ich sie mit Lippenabsehen verstehen wie vorher auch, gleichzeitig klang es, als würde jemand mit je einer kleinen Handglocke neben meinen Ohren bimmeln. Dabei wurde der Unterschied zwischen der akustischen Übertragung mit dem Hörgerät und der elektrischen mit dem CI sehr deutlich, ich habe extrem gemerkt, dass der Zusammenhang zwischen Höreindruck und dem Gehirn einfach noch komplett fehlte. Hilfreich war das Gebimmel überhaupt nicht, hat eher beim Absehen gestört.
Inklusive Erklärung des Kofferinhaltes haben wir etwa 2,5 Stunden für alles gebraucht. An der Bushaltestelle wunderte ich mich ein wenig, dass ich von den vorbeifahrenden Autos nichts hörte. In der U-Bahn auf dem Heimweg klang das Öffnen und Schließen der Türen dann schon ein wenig anders als der Rest, aber als ich zuhause meine Schuhe im Regal abstellte war das erste Mal richtig deutlich zu hören, dass dieses Bimmeln anders klang als das restliche Bimmeln.