Was geht wieder bei einseitiger Versorgung und normalhörendem Ohr?

  • Hallo,
    ich habe mal einige Fragen, die mich beschäftigen. Ich bin vor fast einem Jahr einseitig ertaubt und werde ( wenn nichts dazwischen kommt ) übernächste Woche operiert. Ich habe mich seit der einseitigen Ertaubung zurückgezogen. Schon ein Restaurantbesuch ist für mich fast immer gruselig. Schon allein im Fernsehen einem Film zu folgen strengt mich so an, dass ich kaum einen Film zu Ende schaue. Tagesschau mit nur einem Sprecher o. Ä. geht. Ich weiß, das die Anpassung ein sehr langer Prozess sein wird mit viel Geduld und Ausdauer. Was wird besser erträglich und wieder möglich?
    Restaurantbesuch?
    Kino?
    Theater?
    Feier mit großer Runde, viele erzählen?
    Feier mit Tanz und Musik?
    Besuch eines Musicals?
    Und fühlt man sich insgesamt besser und ist nicht mehr so schnell müde und erschöpft. Ganz lieben Dank für Eure Erfahrungen. LG Anja

  • Hallo Anja,

    ich kann nur für mich sprechen. So ziemlich alles, was du aufgezählt hast, wird möglich sein. Selbst im Kino kriege ich deutlich mehr mit als je zuvor. 2 h Film aus der USA mit dem Ergebnis, daß ich geschätzt über 100 Wörter, darunter 2 Sätze, mitbekam. Tendenz steigend.

    Auf jeden Fall ist die Kommunikation wesentlich entspannter, besonders im Störlärm. Hinzu kommt, daß ich gelernt habe, vom Mund abzulesen.

    Grüßle,
    Bernd

    Links: CI - HiRes 90K Advantage Med Scale - 21.10.2015 / EA: 23.11.2015 - Naida CI Q90 (Upgrade 11.10.2016)
    Rechts: CI - HiRes 90K Advantage Med Scale - 02.09.2016 / EA: 10.10.2016 - Naida CI Q90
    Uni-Klinik Freiburg

  • Hallo Anja,

    auch ich kann nur für mich "schreiben": Vieles von dem ist nach Einsetzen des "normalen" Sprachverstehen auch bei mir wieder möglich geworden und ich bin jetzt auch mehr und konzentrierter bei der Sache. Die sonst vorzeitige Ermüdung durch die Anstrengung beim Hören und Verstehen hat schon mit der Implantation auf der linken Seite binnen weniger Monate spürbar nachgelassen und im Lauf der Jahre ging es mir auch körperlich immer besser!

    Geduld, Training und immer wieder sich selbst auch motivieren werden nach der Erstanpassung ständig Deine Begleiter sein.....

    Für mich sind die CI's eine Erfolgsgeschichte meines Lebens!  :)  

  • Hallo Anja,

    erst mal ein herzliches willkommen hier im Forum.
    Ich bin wie Du, einseitig ertaubt, und mittlerweile auch schon fast ein Jahr implantiert. Die EA war im April 2016. Zu Deinen Fragen:

    jupp, ich stimme Dir zu, dass mit nur einem Ohr der Alltag viel schwieriger wird. Immerhin hört man fast von jetzt auf gleich nur noch 50%. Diese Belastung ist immens. Die Auswirkungen, und wie man damit umgeht sind allerdings ziemlich individuell. Das kannst Du hier im Forum mehrfach nachlesen. Auch die "Erfolge" nach der OP/EA stellen sich mal früher oder auch mal später ein.

    Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich mich ohne CI nur "halbwertig" fühle. Auf der tauben Seite kommt wieder etwas an, das mein Raumgefühl wieder aufleben lässt. Der durchaus starke Tinnitus, der mich vor der EA begleitete, ist komplett verschwunden. Auch nachts habe ich Ruhe davor. Das Sprachverständnis ist mit vertaubtem rechten Ohr schon da, aber im Alltag dominiert doch das "gesunde" rechte Ohr. Das bedeutet, dass je höher die Störgeräusche, desto schlechter wird die Spracherkennung. Kantine z.B.ist eine große Herausforderung wg.dem hohen Grundgeräuchpegel.

    Mein Fazit: Durch das bessere Körpergefühl, das Abschalten des Tinnitus und durch die Aufwertung der subjektiven "Hörleistung" von 50% auf ca.70...75% ist das CI ein Gewinn. Der Prozessor ist für mich genauso wichtig, wie meine Brille. Ohne beide gehe ich nirgends hin.

    Gruß, Konrad

  • Hallo Anja,

    Ich nehme an allen Situationen und "gesellschaftlichen Ereignissen" wieder fast genau so teil, wie vor meinem Hörsturz. Ich habe zwar auch danach noch überall teilgenommen, war dann aber so wie du superschnell erschöpft, müde und frustriert. Jetzt, mit dem CI, habe ich damit eigentlich keine Probleme mehr. Wenn ich irgendwo hin möchte, sei es ein Restaurant, eine Familienfeier, oder ein Kinobesuch, mache ich mir vorher keine großen Gedanken mehr über mein Gehör. Ich kann mich im Restaurant auch auf die "falsche" Seite meines Gesprächspartners setzen. Da findet dann zugegebenermaßen je nach Situation Kopfdrehen statt, aber nicht mehr zwangsläufig. Ein Unterschied zu Prä-Hörsturz ist, dass ich überall hin Ohrstöpsel mitnehme sollte, weil ich auf dem normalhörenden Ohr nun wesentlich empfindlicher bin.
    Ganz normalhörend bin ich natürlich trotzdem nicht - grade wenn viel los ist, und ich nicht damit rechne, bekomme ich häufig nicht mit, wenn ich von der implantierten Seite angesprochen werde. Das normalhörende Ohr erbringt immer noch die größte Leistung, es ist wohl ganz normal, dass man auf der guten Seite mehr Informationen aufnimmt. Oder in sehr, sehr lauter Umgebung, wenn die Stöpsel zum Einsatz kommen: Dann beschränkt sich die Kommunikation auf ein Minimum. Da geht es den Normalhörenden aber ja kaum anders. Da hilft dann auch mir das Lippenabsehen - mir war vorher gar nicht bewusst, wie viele Sprachinformationen wir über die Augen aufnehmen.
    Aber grundsätzlich: die von dir aufgeführten Situationen sind für mich alle machbar, und ich halte auch bis 5 Uhr früh durch, wenn es sein muss. Das Hören ist zwar nicht zu 100% wieder hergestellt, die Ausdauer aber schon. Und die Gedanken kreisen nicht mehr ständig ums Hören, und mit den Einschränkungen, die noch da sind, kann ich sehr gut leben. Ich bin sehr glücklich mit meinem CI :) Und klar, wie du schon selbst schreibst, steckt da viel Übung und Ausdauer dahinter!

    Ich wünsche dir alles Gute für die OP!

    Liebe Grüße
    Lisa

    Links gut-hörend
    Rechts an Taubheit grenzend schwerhörig nach Hörsturz
    Implantation am 16.12.2015
    EA am 19.1.2016

  • Ich bin seit 6 Monaten implantiert. Was gut geht: ich höre entspannter, es ist angenehm auch von links Töne zu empfangen. Bei viel Störelärm bin ich mir nicht sicher ob ich mit oder ohne CI besser verstehe. Eigentlich ist es da immer sehr wichtig dass ich mich richtig hinsetze. Das linke implantierte Ohr ist einfach immer etwas langsamer mit der Information in meinem Hirn als mein rechtes Ohr. So habe ich nur eine sehr flache Lernkurve, wenn mich jemand von der CI Seite in einer großen Gesellschaft anspricht merke ich es manchmal auch nicht. Musik hören ist schräg aber spannend. Gut ist es im Verkehr zum Beispiel beim Radfahren, da merke ich schon dass ich jetzt wieder eher den Geräuschen Richtungen zuordnen kann.

  • Hallo Anja,

    Schon ein Restaurantbesuch ist für mich fast immer gruselig. Schon allein im Fernsehen einem Film zu folgen strengt mich so an, dass ich kaum einen Film zu Ende schaue.

    ich kann das nachvollziehen, so empfinde ich auch. Jetzt warte ich voller Spannung auf die 3 tägige Untersuchung und wie und wann es dann weitergeht. Der Arzt bei dem Vorgespräch hat schon agesagt, daß es etwas Geduld bedarf bevor das richtige Hören wieder da ist.

    Wäre schln, wenn Du weiter hier berichten würdedst.

    LG
    Ellen

    Nach Hörsturz am 02.12.2016 links hochgradig Schwerhörig
    rechts alles bestens

  • Hallo Anja!

    Auch ich bin Anfang September letzten Jahres links ertaubt. Seit dem 09. Februar bin ich implantatiert und am 27. Februar war meine Erstanpassung. Das ist also heute vor zwei Wochen gewesen.
    Ich höre im Moment auf der implantierten Seite alles wie ein schlecht eingestellter Radiosender. Verzerrt klingen die Stimmen. Im Zusammenklang mit dem gesunden rechten Ohr ergibt sich jedoch ein relativ gutes Gesamtergebnis das Richtungshören wieder möglich macht. Und wenn ich mit rechts etwas (gut) höre verstehe ich auch alles verzerrte auf dem linken Ohr. Das ist wie ein Verstärker. Meine große Hoffnung ist, dass in Zukunft dieser verzerrte Klang klarer wird, der Tinnitus in Zukunft verschwindet und ich mein Klavier links wieder hören kann. (Bin Musiker). Wenn ich das alles aber nicht bekommen sollte bin allein schon mit dem was ich jetzt habe sehr zufrieden. Ich laufe nicht mehr rum als hätte ich "einen Motorradhelm auf". Dafür alleine lohnt es sich. Der Horizont erweitert sich und dann geht man auch wieder gerne irgendwo hin.

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  • Hallo Anja,

    Du bist noch nicht so lange auf dem Ohr taub. Bei mir war es ähnlich.
    Nach einem Nicht erkannten Hörsturz war ich bis zur OP ca 1 Jahr ertaubt. Oktober 2015 die OP, EA am 24.Nov., inzwischen schon
    mehrmals immer eine Woche zur REHA.
    Nach jeder Neueinstellung wurde es immer besser mit dem Verstehen.
    Allerdings in einer größeren Runde, wo viele durcheinanderreden, habe ich meine Schwierigkeiten.
    Beim Fernsehen mit synochrisierten Texten nehme ich mein TV-Link für das CI zu Hilfe, da brauche ich mich
    nicht zu sehr anstrengen.
    Bei Veranstaltungen mit Musik und Tanz geht es auch schon ganz wunderbar, gehe gern tanzen.
    Kino war ich seit der Implantation noch nicht wieder.

    Wenn sich der Akku am SP abmeldet, merke ich sofort, dass mir etwas fehlt.

    Also Anja, man kann nur immer hoffen, aber ich bereue die OP nicht.

    Dir wünsche ich viel Erfolg.

    Grüße von kiras.